Steuerzahler zeigen Fraktionen an

Volksstimme

Der Bund der Steuerzahler wirft den Landtagsfraktionen in Sachsen-Anhalt Geldverschwendung und verdeckte Parteienfinanzierung vor.

Von

Alexander Walter ›

und

Jens Schmidt ›

 

Magdeburg l In einer bisher nicht dagewesenen Härte hat der Bund der Steuerzahler die Finanzierung der Fraktionen kritisiert. Diese sei „luxurios, skandalös, verschwenderisch und sogar rechts- und verfassungswidrig“. Landesvorsitzende Helga Elschner sagte: „Die Fraktionen haben sich auf Kosten der Steuerzahler die Kassen gefüllt und geben das Geld mit vollen Händen aus. Damit muss Schluss sein.“

Der Landtag weist die Vorwürfe zurück. Vize-Landtagspräsident Wulf Gallert (Linke): „Man kann über das ein oder andere reden: Aber uns Untreue und Verschwendung vorzuwerfen ist ungerechtfertigt.“

Die Hauptkritikpunkte sind:

Kostenzuschüsse: So sollen die Fraktionen 2017 nahezu 6,9 Millionen Euro Steuergeld erhalten. Das sind 1,5 Millionen Euro mehr als noch 2011, obwohl der Landtag seitdem von 105 auf 87 Abgeordnete geschrumpft ist. 2018 soll die Summe auf 7,1 Millionen Euro steigen. Der Steuerzahlerbund wertet das als Verschwendung: „Offensichtlich schaufeln sich die Fraktionen immer mehr Geld in die Taschen.“

Zusatzvergütungen: Mehr als 40 Abgeordnete bekommen Funktionszulagen - das sei zu viel. Darunter sind Fraktionschefs, parlamentarische Geschäftsführer oder Arbeitsgruppenvorsitzende. Die Höhe legen die Fraktionen selber fest. Ein Fraktionschef bekommt monatlich meist zwischen 3600 und 6000 Euro zusätzlich zur normalen Abgeordnetendiät (ca. 6000 Euro). Allein 2015 sollen es insgesamt 800 000 Euro gewesen sein.

Rücklagen: Die Fraktionen haben laut Steuerzahlerbund zu hohe Rücklagen einbehalten, obwohl der Landesrechnungshof deren Rückzahlung angemahnt hat. Es soll sich um mehr als eine Million Euro aus dem Jahr 2011 handeln.

Dienstfahrten: SPD und CDU wirft der Steuerzahlerbund vor, Fahrten mit Dienstwagen nicht korrekt abgerechnet zu haben. So könne die SPD mehr als 6000 gefahrene Kilometer nicht belegen. Darüber hinaus sollen die Fraktionen Steuergeld für die verdeckte Parteienfinanzierung etwa in Form von Schulungen und Broschüren verwendet haben.

Vize-Präsident Gallert hält entgegen, dass mittlerweile fünf und nicht mehr vier Fraktionen im Landtag sitzen: Mehr Geschäftsstellen zögen auch höhere Kosten nach sich. „Sachsen-Anhalt bewegt sich im normalen ostdeutschen Maß.“

Elschner hat Strafanzeige wegen des Verdachts der Untreue bei der Staatsanwaltschaft gestellt. Außerdem wurde das Referat Parteienfinanzierung bei der Bundestagsverwaltung eingeschaltet. Die SPD-Fraktion sieht dem „mit Gelassenheit“ entgegen, teilte ein Sprecher mit. Die vom Rechnungshof beanstandeten Punkte aus der Zeit von 2007 bis 2011 seien beherzigt worden: Die Fraktion zahlte 652 Euro in die Landeskasse zurück.

Derzeit prüft der Rechnungshof die Fraktionsbücher für 2011 bis 2016.