Abschaffung des Verfassungsschutzes wäre ein Beitrag zur inneren Sicherheit

Zur heutigen Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes erklären die innenpolitische Sprecherin Henriette Quade und die rechtspolitische Sprecherin Eva von Angern:

„Zunächst bleibt kritisch festzuhalten, dass die Koalition in Sachen Verfassungsschutz nach wie vor hinter ihren eigenen Vorgaben zurückbleibt. Entgegen der Formulierung aus dem Koalitionsvertrag, wonach der Verfassungsschutz mit einer transparenten Organisationsstruktur und wirkungsvoller demokratischer Kontrolle zu einer modernen Behörde neu ausgerichtet werden soll, ist eine Verbesserung der parlamentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes bisher nicht erfolgt. 

Für die Fraktion DIE LINKE steht seit jeher in Frage, welche Legitimation der Verfassungsschutz für sich in Anspruch nimmt und was er zur Sicherheit beiträgt. Bundesweit verdichtet sich eher das Bild skandalträchtiger Behörden, die auf dem rechten Auge blind sind, ja sogar Teil des Problems. Dies haben nicht erst die Parlamentarischen Untersuchungsausschüsse zur Rolle der Verfassungsschutzbehörden im Fall des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) gezeigt, deren Untersuchungen – auch zur Finanzierung extrem Rechter durch Verfassungsschutzbehörden – teilweise noch andauern. Derzeit steht das Landesamt für Verfassungsschutz von Baden-Württemberg in der Kritik, ein damals noch aktiver Mitarbeiter soll „Uniter e.V.“ mitgegründet haben. Recherchen von Medien zeigen, dass die extrem rechte Gruppierung Feindeslisten geführt haben soll und die Tötung politischer Gegnerinnen und Gegner geplant. Gleichzeitig zeigen sich bei weiteren Gruppierungen, die schwere Gewalttaten geplant haben sollen, Verbindungen in die Verfassungsschutz- und Sicherheitsbehörden sowie die Bundeswehr, wie die Enthüllungen zu „Hannibal“ und „Nordkreuz“ zeigen.

Der Verfassungsschutz leistet keinen Beitrag zur Sicherheit, er ist ein intransparenter Inlandsgeheimdienst mit weitreichenden Befugnissen und diversen Verbindungen in den militanten Rechtsextremismus – aus Sicht der Fraktion DIE LINKE gehört er abgeschafft. Eine Erwähnung im Verfassungsschutzbericht sagt lediglich aus, dass die betroffenen Personen oder Organisationen durch den Inlandsgeheimdienst als extremistisch bewertet werden anhand einer Behördendefinition, die in relevanten Teilen der Wissenschaft abgelehnt wird.  Nicht zuletzt hat sich im Fall des NSU gezeigt, wie gefährlich der Quellenschutz und Schutz von V-Leuten ist, wenn dadurch Aufklärung und Strafverfolgung verhindert werden.

Unabhängige zivilgesellschaftliche Stellen, Fachjournalistinnen und Fachjournalisten sowie antifaschistische Gruppen sind im Bereich des Rechtsextremismus in der Regel besser informiert als der Verfassungsschutz und andere Behörden. Auf die Arbeit dieser zivilgesellschaftlichen Akteur*innen kann im Kampf gegen Rechts nicht verzichtet werden. Die Abschaffung des Verfassungsschutzes hingegen wäre ein Beitrag zur inneren Sicherheit.“

Zur Erwähnung der Kontakte von 15 Mitgliedern muslimischer Gemeinden, die Kontakt zur Muslimbruderschaft haben, erklärt der religionspolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Wulf Gallert:

„Wie schon im letzten Verfassungsschutzbericht wird ohne eine eindeutige Eingrenzung und Benennung von Verantwortung ein Generalverdacht gegen muslimische Gemeinden geäußert. Im Fall von Stendal wird sogar das Löschen von Bezügen auf die Muslimbruderschaft in öffentlich zugänglichen privaten Social-Network-Profilen als Beleg für einen bewussten Tarnungsversuch angeführt. Träger des öffentlichen Lebens werden sogar ausdrücklich davor gewarnt, Kontakt mit den Gemeinden aufzunehmen, obwohl die Verantwortlichkeiten nicht benannt werden und im Gegensatz zu anderen Teilbereichen des VS-Berichtes keine konkreten Vorkommnisse bekannt wurden. Damit wird Misstrauen gegen inzwischen alle muslimischen Gemeinden gesät. Das ist jedoch genau das Klima, in der Verständigung unmöglich gemacht wird und die Probleme geschaffen werden, die der Verfassungsschutz angeblich bekämpfen will.“