Landtag streitet über EU-Entwicklung

Volksstimme -

Viele Millionen fließen jedes Jahr aus europäischen Fördertöpfen nach Sachsen-Anhalt. Welche Bedeutung hat die EU für das Land? In welche Richtung geht die Entwicklung? Im Landtag wird darüber teils hitzig diskutiert.

Von Simon Ribnitzky, dpa

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Magdeburg (dpa/sa) - Im Magdeburger Landtag ist heftig über die künftige Entwicklung der Europäischen Union gestritten worden. Europaminister Rainer Robra hob in einer Regierungserklärung am Dienstag die Bedeutung europäischer Gelder und europäischer Zusammenarbeit für Sachsen-Anhalt hervor. Der CDU-Politiker warnte aber auch vor möglichen Kürzungen in der nächsten Förderperiode. Die Linke forderte mehr soziale Standards in der EU und einen wirksamen gemeinsamen Klimaschutz. Die AfD verunglimpfte die EU hingegen als "kleingeistiges Technokratenmachwerk".

Rund 2,9 Milliarden Euro stehen für Sachsen-Anhalt in der laufenden Förderperiode der europäischen Struktur- und Investitionsfonds von 2014 bis 2020 bereit. Robra sagte, die EU-Mittel deckten etwa ein Fünftel der öffentlichen Investitionen des Landes. "An dieser Größenordnung sieht man, welch wichtige Rolle die europäischen Struktur- und Investitionsfonds für unser Land spielen."

Er zählte weitere Erfolge der EU-Programme auf: Von 2014 bis Ende 2018 seien 1098 Unternehmen gefördert worden, mehr als 35 000 Menschen qualifizierten sich weiter, rund 2600 Teilnehmer solcher Förderprogramme wurden danach erwerbstätig oder machten sich selbstständig. "Das ist ein wichtiger Beitrag zur Fachkräftesicherung", sagte Robra.

Doch bei den Plänen der EU-Kommission für die nächste Förderperiode ab 2021 sieht der Minister besonders für Ostdeutschland große Risiken. Deutschland und insbesondere die ostdeutschen Regionen drohe eine unverhältnismäßig starke Kürzung der Gelder. Für Deutschland insgesamt sei ein Minus von mehr als 20 Prozent vorgesehen. Mit Blick auf die Vorbereitung der nächsten Förderrunde sagte Robra: "Es geht wirklich um die Wurst, es geht ums Eingemachte."

Die Landtagsdebatte stand auch im Zeichen der Europawahl am 26. Mai. "Eine Schicksalswahl steht an", sagte Linken-Europapolitiker Wulf Gallert. Das Bekenntnis einer großen Mehrheit zu Europa dürfe aber eine Debatte um die Probleme der EU nicht verdrängen. Europa sei zu einem vollständig miteinander verbundenen Wirtschaftsraum geworden, doch auf politischer Seite gebe es Defizite. "Die Einzelstaaten bewegen sich in gegenseitiger Konkurrenz." Jeder sei vor allem auf seinen individuellen Vorteil bedacht. Europäische Grundwerte blieben dabei auf der Strecke, wie sich etwa bei Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien zeige.

AfD-Rechtsaußen Hans-Thomas Tillschneider machte deutlich, dass seine Partei die EU in ihrer bestehenden Form rundweg ablehnt. Die EU sei ein "jämmerliches Konstrukt", die den Kontinent in ein Korsett zwinge. Die EU gängele Internetnutzer und sei nicht in der Lage, ihre Außengrenzen zu schützen. Die Förderprogramme seien zu sperrig und an rigide Vorgaben geknüpft. "Wir brauchen einen europäischen Staatenbund und keinen Bundesstaat." Das Europäische Parlament gehöre deshalb abgeschafft, sagte Tillschneider, der selbst bei der EU-Wahl für einen Sitz in Straßburg kandidiert.

Von den anderen Fraktionen erntete Tillschneider für seine Ausführungen heftigen Protest. Bei der Europawahl würden Weichen gestellt, sagte SPD-Fraktionschefin Katja Pähle. "Wir werden uns entscheiden müssen: Wollen wir Nationalismus oder gemeinsam mehr erreichen? Wollen wir zurück in die Kleinstaaterei oder wollen wir auf Augenhöhe mit den USA und China verhandeln?" Europa sei kein Auslaufmodell, sondern ein Zukunftsgarant.